Kultur und Natur in Burgund, Studienreise vom 17. bis zum 22. Mai 2017,
ein Reisebericht
Mittwoch, 17. Mai
Wir fahren um 7.00 Uhr nach Soest, um 7.30 Uhr holen wir vom Hanse Hotel Soest die Reisebegleiterin Reinhild Zenz ab. Es geht über die A44, A1, A3 usw. Richtung Trier und Luxemburg nach Nancy in Lothringen (460 km), der Hauptstadt des Herzogtums Lothringen. Unterwegs erklärt uns Frau Zenz die geschichtliche Bedeutung Luxemburgs, das eigentlich Lützelburg = kleine Burg bedeutet. Sie erläutert die aktuellen politischen Vorgänge in Frankreich und hebt dabei die Bedeutung der Präsidentengattin als Botschafterin der Damenmode hervor. Wir hören etwas aus der Entstehungsgeschichte Frankreichs, insbesondere Lothringens. 843 wurde das Fränkische Reich Karls des Großen unter seine drei Enkel geteilt: Karl der Kahle erhielt Westfranken, Ludwig der Deutsche Ostfranken und Lothar das Mittelreich, das spätere Lotharingen = Lothringen.
Wir kommen in Nancy gegen 15.00 Uhr an und checken im Hotel Qualys Hotel Centre, 8 avenue Foch 54000 Nancy ein. Mit Frau Zenz begeben wir uns auf einen Stadtrundgang zum Stanislausplatz, ein prachtvoll gestalteter Platz im klassizistischen Stil (um 1750). Wir hören vom letzten Herzog von Burgund, Karl des Kühnen. Mit seinem Tod erlischt 1477 das Haus Burgund. Ludwig der XV. , Schwiegervater von Stanislaus Leszczynsky überträgt diesem Lothringen 1735, nachdem Leszczynski als polnischer König abgesetzt worden war. Nach dessen Tod 1766 fällt Lothringen endgültig an die französische Krone.
Um 19.00 Uhr findet das Abendessen im Restaurant Brasserie Excelsior 50, rue Poincare, 54000 Nancy, ca. 200m vom Hotel entfernt, statt. Übernachtung im Hotel.
Donnerstag, 18. Mai
Frühstück im Hotel, 9.00 Uhr Abfahrt nach Langres 141 km. Wir fahren durch die flache und dünn besiedelte Landschaft Lothringens. Sie ist landwirtschaftlich und handwerklich geprägt. Wir finden diesbezügliche Hinweisschilder an der Autobahn, Korbflechterei, Geigenbau usw. Frau Zenz weist auf die mit Legenden umwobene Gestalt Jeanne de Arc (Die Jungfrau von Orleans) hin, die um 1412 im Dorf Domremy an der Maas geboren wurde.
Im Städtchen Langres spazieren wir über die vollständig erhaltene mittelalterliche Stadtmauer. Mit 12 Türmen, 7 Toren (ein Tor original aus der Römerzeit) und 3,5 km Stadtmauer präsentiert sich die Stadt wie eine stolze Festung an den Toren zu Champagne und Burgund. Wir betreten die Mamertus Kathedrale, eine ehemalige Stiftskirche mit Kreuzgang. Das Gewölbe ist mit Werksteinen zwischen den Rippen und Gurtbögen ausgelegt, gotische Stilelemente überwiegen.
Nach der Besichtigung Mittagsrast, anschließend Weiterfahrt nach Chalon sur Saone, (Cabillonum) 44 000 EW, 144km. Wir fahren an den ersten Rebstöcken vorbei und entdecken Plantagen der schwarzen Johannisbeere. Aus diesen Beeren wird der Creme de Cassis Likör hergestellt. Der Priester und Kanoniker Felix Kir, später war er Bürgermeister von Dijon, ließ seinen Gästen Champagner mit einem Schuss Creme de Cassis kredenzen und kreierte damit das Mixgetränk Kir Royal.
Gegen 17.00 Einchecken im Hotel Saint George, 32-avenue Jean Jaures 71100 Chalon-sur-Saone. Danach Stadtrundgang in Chalon bis zum Hafen an der Saone. Flusskreuzfahrtschiffe gelangen von hier aus über mehr als 10 Schleusenstufen und die Rhone ins Mittelmeer. Auf dem Rückweg zum Hotel zeigt uns Frau Zenz Wohnhäuser mit gotischen Stilelementen, es gibt kaum Leerstände, Schäden durch die Weltkriege gab es hier nicht. Abendessen im Hotel um 19.00 Uhr.
Freitag, 19. Mai
Nach dem Frühstück im Hotel fahren wir um 9.00 Uhr zur Abtei Cluny. Es regnet.
Cluny wurde 910 als Benediktinerabtei gegründet, exemt und als Immunitätsbezirk.
Mit der dritten Abteikirche (Cluny III) entstand im Mittelalter das größte Gotteshaus der Christenheit. Über 1000 Mönche lebten zeitweilig in einem großen umgrenzten Komplex. Liturgie, Spiritualität und handwerkliche Tätigkeiten bestimmten das Leben der Mönche. Frau Zenz führt uns durch die Anlagen, Ruinen und neu errichtete Museen. In der französischen Revolution wurden die Klosteranlagen zerstört, Kunstwerke unwiederbringlich vernichtet. Romanische Bauwerke mit gotischen Elementen lassen sich nur noch mit Bruchstücken rekonstruieren. Der Geist der Aufklärung duldete nicht die Erinnerung an die feudalistische Gesellschaftsordnung, ein gesellschaftlicher Umbruch nie gekannten Ausmaßes erfasste Europa. Frau Zenz erläutert die soziale Funktion der klösterlichen Einrichtungen jener Zeit.
In der Bio-Gaststätte „Le Pain sur la Table“ gibt es das Nationalgericht „Boeuf Bourguignon“ (Rindfleisch Burgunder Art) in Rotwein gegart mit Polenta.
Nach der Mittagspause geht es weiter nach Tornus. Wir besichtigen die ehemalige Abteikirche St. Phillibert. An ihr lässt sich die Entwicklung des romanischen Baustils ablesen: Tonnengewölbe, doppeltürmiges Westwerk, Wiederverwendung von Säulenelementen römischer Bauten usw.
Es geht weiter zur Weinprobe nach Mercurey. Dort werden wir in der Domaine de Suremain von Herrn Baron und Frau Baronin über den Burgunder Weinbau aufgeklärt. Es gibt im Weinbaugebiet Burgund, ca. 3 km breit und 150 km lang, nur zwei Rebsorten, Pinot noir (rot) und Chardonnay (weiß). Die Bodenqualität entscheidet über die Geschmacksrichtung. Der Ausbau des Weins geschieht in Eichenholzfässern (Barrique).
Es gilt die Devise „Klasse statt Masse“. Es werden Pinot noir Weine aus fünf verschiedenen Weingärten verkostet. Dazu gibt es Brandteiggebäck (Gougeres). Der Preis für 1 Flasche Burgunder beginnt bei 21 €.
Rückfahrt nach Chalon sur Saone. Abendessen im Hotel Saint George um 19.30 Uhr.
Samstag, 20. Mai
Heute Morgen fehlt das Wasser zum Duschen, Wasserrohrbruch in der Straße. Frühstück im Hotel. Wir fahren entlang der Burgunder Weinstraße, der Cote d’Or. Am „Abhang nach Osten“ tritt das Kalkgebirge des Pariser Beckens an die Erdoberfläche und begünstigt das Wachsen der Rebstöcke. Wir machen Halt am Schloss von Clos de Vougot. Von den typisch niedrigen Weinstöcken umgeben, liegt das ehemalige Weingut des Klosters Citeaux. Wir können das Weingut nur von außen besichtigen und stellen uns hier zu einem Gruppenfoto auf.
Wir fahren weiter nach Dijon, 24 km. Vom Busparkplatz aus gehen wir durch die von Kriegen unbeschädigte Altstadt zum Platz „De La Liberation“ mit ihren klassizistischen Rundbögen. Zum Teil sind sie in der Art der „Potemkin’schen Dörfer“ errichtet. Im angrenzenden Herzogenpalast befinden sich vergoldete Schnitzaltäre flämischer Künstler und die Grablegen einiger Burgunder Herzöge aus dem 15. Jahrhundert. Die Sarkophage (Einzelgrab Phillip der Kühne, Doppelgrab Johann ohne Furcht mit Margarete von Bayern) sind überaus üppig dekoriert. In den Sockelzonen ist jeweils ein Zug der Trauernden dargestellt. Der Herzogenpalast wird überragt vom Tour Philip le Bon, ein 52 Meter hoher Turm, der ursprünglich als Wohnturm genutzt wurde.
Nach der Mittagspause Führung durch die frühgotische Kirche Notre Dame 1230-1250.
Die Westfassade ist ungewöhnlich gestaltet, Arkadenreihen mit Wasserspeiern. Der Innenraum fällt durch Säulenreihen, sechsteilige Gewölbe, Spitzbogenarkaden, Triforium, Obergaden und Fenster ohne Maßwerk auf. Prunkstück ist die Madonnenstatue (leider ohne Kind) (sedes sapientiae, Sitz der Weisheit) aus dem 12. Jahrhundert. Auf dem Rückweg zum Bus werfen wir noch einen Blick in die Bischofskirche (Kathedrale) St. Benignus , eine ehemalige Klosterkirche. Der Gottesdienst geht gerade zu Ende.
Rückfahrt nach Chalon sur Saone. Abendessen um 19.00 Uhr im Hotel Saint George.
Sonntag, 21. Mai
Wir räumen unsere Zimmer und verlassen am Morgen Chalon. Wir fahren nach Beaune, um das Hotel-Dieu, das Haus Gottes zu besichtigen. Nicolaus Rolin, Kanzler der Herzöge von Burgund und seine Gattin Guigone de Salin stifteten den Palast für die Armen 1443. Sie setzten sich damit ein Denkmal für Jahrhunderte, gleichzeitig sorgten sie für ihr Seelenheil und schufen eine beispielhafte Krankenpflege. Schenkungen (Weinberge) sorgten und sorgen noch heute dafür, dass das Haus unterhalten werden kann. Frau Zenz erklärt uns den Altar des flämischen Künstlers Roger van der Weyden um 1450 „Das Jüngste Gericht“ detailliert. Ursprünglich war er im Krankensaal aufgestellt. Die Kranken konnten von ihren Betten aus am Gottesdienst teilnehmen. Das Hotel-Dieu bietet eine Fülle von Exponaten aus der Historie der Krankenpflege. Ein Bachlauf durchfließt das Gebäude und diente vormals als Ver- und Entsorgungseinrichtung.
Wir fahren weiter zur Abtei Fontenay, 99 km. Nach der Mittagspause am Bus besuchen wir die berühmte Zisterzienser Abtei des Bernard de Clairvaux, 1118 als Tochterkloster
von Citeaux gegründet. Der Name Citeaux, aus dem der Name Zisterzienser hervorgegangen ist, rührt wahrscheinlich von Binsenbündel her. Bernard de Clairvaux legte die Regel des Benedikt von Nursia streng aus. Er suchte mit seinen Mönchen ein Leben in Einsamkeit und Armut. Eine öde, binsenbewachsene Landschaft, ein Bruch war für die Mönche ein passender Siedlungsplatz. Fontenay wurde nach der Säkularisation zu einer Papierfabrik umgestaltet. Privatbesitzer stellten jedoch in der Vergangenheit den Zustand als Abtei zum Teil wieder her. Die Architektur von Kirche, Kapitelsaal, Dormitorium usw. ist nach den Grundsätzen der Zisterzienser betont schlicht gehalten, Tonnengewölbe, einfache Kapitelle usw. Die Abtei erlebte, wie andere Klöster auch, einen Niedergang im 16. Jahrhundert. 1790 wurde die Abtei aufgehoben. Die Auflösung von Fontenay ist vergleichbar mit den Vorgängen um die Klöster in unserer Heimat: Bredelaer, Dalheim, Grafschaft, Paradiese, Himmelpforten usw.
Wir fahren weiter in die Champagne hinein nach Troyes. Nach dem Einchecken im Hotel Best Western de la Poste 35, Rue Emile Zola, machen wir mit Frau Zenz einen Rundgang durch die Altstadt von Troyes. Sie zeigt uns Fachwerkgebäude, die sich von den uns bekannten in der Konstruktion stark unterscheiden. Es gibt Leerstände, schmale Gassen.
Die Nutzung dieser Gebäude lässt sich nur schwer realisieren. 19.30 Uhr Abendessen im Restaurant Pizza …….. Der Service ist überfordert. Dafür gibt es jedoch große Portionen, Hähnchenbrust mit Pommes…
Montag, 22. Mai
Wir frühstücken bereits um 6.30 Uhr im Hotel. Das Haus ist für 40 Personen auf einen Schlag kaum eingerichtet. Wir fahren pünktlich um 7.30 Uhr in Richtung Lothringen, nach Verdun, 181km. Unterwegs erzählt Frau Zenz aus der Historie Frankreichs. Ganz speziell berichtet sie von der Versorgung von Paris mit Brennholz. Aus den Wäldern Burgunds gelangte das Holz mit Flößen auf der Seine in die Stadt. Frau Zenz geht auf die Situation in Europa ein, die in den ersten Weltkrieg führte. Mir fällt dazu ein, dass der australische Historiker Christopher Clark vor etwa 2 Jahren in seinem Buch „Die Schlafwandler“ die Spannungen der europäischen Nationalstaaten untereinander detailliert beschrieben hat. Feldpostbriefe eines in der Schlacht von Verdun gefallenen deutschen Soldaten (Verwandter von Paul Gertkemper) werden im Bus verlesen.
In Verdun steigt ein ortskundiger Führer zu uns in den Bus. Wir erleben eine Fahrt über das Schlachtfeld von 1916. Das Beinhaus von Douaumont schockiert. Es besitzt im Kellergeschoss mit Skelettresten gefüllte Kammern. Es sind Gebeine von Soldaten, die man nicht mehr identifizieren konnte. Ursprünglich war es ausschließlich dem Gedächtnis französischer Gefallener gewidmet. Mitterand und Kohl trafen sich 1984 an der Gedenkstätte, Hollande und Merkel 2016. Die Bilder dieser Zusammenkünfte gingen um die Welt. Seit dieser Zeit finden auch deutsche Gefallene im Beinhaus Erwähnung. 130 000 Soldaten haben innerhalb eines ¾ Jahres hier ihr Leben lassen müssen. Auch für jüdische und muslimische Opfer hat man Gedächtnismale errichtet. Am Festungsbauwerk Fort Vaux (Damloup) steigen wir noch einmal aus dem Bus und lassen uns die Technik der Verteidigungsanlage erklären. Die Historiker sehen heute in Kriegsminister Erich Georg Anton von Falkenhayn den Verantwortlichen für das Desaster (Blutpumpe, Knochenmühle) von Verdun.
Wir bringen unseren Reiseführer zurück nach Verdun und begeben uns auf die Heimreise. Frau Zenz verlässt uns an der Autobahnabfahrt Soest-Ost. Sie fährt mit dem Zug nach Haus (Lüneburg) .
Wir erreichen wohlbehalten Sichtigvor gegen 20 Uhr.
Helmut Fröhlich